Eine „Brücke“ aus Toilettenpapierrollen, ein Nachtbild mit blaugelben Lichtpunkten, eine abstrakte Acrylmalerei, bei der im oberen Teil des Bildes sofort die gelben, grünen und lichtblauen Akzente ins Auge fallen, die sich aus dem rotdurchleuchteten Schwarzdunkel des unteren Bildteils „befreien“: Der Krieg in der Ukraine ist allgegenwärtig. Auch in den Arbeiten des Grundkurses Bildende Kunst am Johannes-Gymnasium, die jetzt bei einer Vernissage präsentiert wurden. Es waren drei verschiedene Projekte, die die Abiturient*innen im Foyer der Schule interessierten Eltern, Kolleg*innen und Mitschüler*innen vorstellten.
„Schon zu Beginn der Oberstufe habe ich die Schüler*innen gebeten, Toilettenpapierrollen zu sammeln. Ein überaus ästhetischer und tragfähiger Baustoff“, erläuterte Isabel Stahnecker, die verantwortliche Lehrerin für Bildende Kunst, zum ersten Projekt. Es entstanden Sideboards, Beistelltische, Lampen, fragile Plastiken und eben auch „Die Brücke“. „Sie verbindet zwei Seiten und kann für Verständigung stehen. Das war mir gerade auch in Bezug auf den Krieg wichtig“, erklärte Erik Flechtner (Abiturient) die Idee hinter seiner Plastik.
„Nacht – Licht – Bewegung“ lautete die Aufgabenstellung des zweiten Themas. Grundlage für die Acrylbilder war dabei ein jeweils ein Foto bei Dunkelheit, bei dem die Lichtquellen „bewegt“ sein sollten. Die Vorlage wurde anschließend in Acryl auf Papier im A3-Format übertragen. „Auf dem Schulhof war vor einem Jahr eine Demo gegen den Ukrainekrieg. Die Fenster der Schule waren blau und gelb erleuchtet, auf dem Schulhof leuchtete eine riesige Taube aus hunderten Kerzen“, erklärte Catalina Deus das Motiv ihrer Arbeit. Durch Bewegungen der Kamera verwischen alle Konturen, Gelbblau leuchtet auf und verschwindet in der langsam in der Nacht. Andere Schüler*innen hatten bekannte Plätze aufgesucht und dort ihre Motive gefunden.
Besonders beeindruckend aber waren die Werke, die die jungen Künstler*innen zum Thema „Vom Krieg zum Frieden“ oder wahlweise „Auf Hass mit Liebe antworten“ geschaffen haben. „Die abstrakten Arbeiten erinnern an Gerhard Richter“, erläuterte Isabel Stahnecker. Durch die Farbwahl und die Art des Farbauftrags (Rakel und Pinsel) haben die Schüler*innen die Schrecken des Krieges, den Prozess der Annäherung, die Verletzungen und Rückschläge, die Hoffnung sowie das Aufeinanderzugehen bis hin zum Erreichen des Friedens transportiert. „Die Abiturient*innen konnten so der passiven Haltung eines Kriegszuschauers entkommen, sie nahmen mit diesem Projekt eine aktive Rolle ein und konnten eine eigene Haltung formulieren“, so die Kunstlehrerin bei der Eröffnung der Ausstellung.
Für Felix Kordon sind – wie für viele seine Mitschüler*innen – die Übergänge zwischen Krieg und Frieden fließend: Von der linken Bildhälfte mit blutrot anmutenden „Kreuzen“ auf schwarzem Untergrund geht die Farbgebung langsam über in einen Streifen leuchtendes Orange, bis gelbe Akzente auf verschiedenen Grüntönen die rechte Bildhälfte bestimmen. „Das sind alles ukrainische Farben “, zeigt sich Borys Ivánchov, Vorsitzender des Deutsch-Ukrainischen Vereins Rhein-Dnipro bewegt. „Schwarz und rot sind die Farben der Aufständischen Armee, und blau und gelb die Farben unserer Flagge“. Am Abend vor dem Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine ist für Ivánchov diese Ausstellung und vor allem die Auseinandersetzung mit dem Thema auch ein wichtiges Zeichen der Solidarität mit seinem Heimatland – neben den monetären Spenden des Abends.
Live-Musik (Jazz mit Sira Maasri (Bass/Gesang), Moritz Münch (Saxophon) und Lennart Reinelt (Gesang)) und angeregte Gespräche rundeten einen gelungenen Abend ab. (mrk)