Psychisch gesund - so geht´s
Pubertät? Da war doch was: Müde, schlecht gelaunt, keine Lust zum Lernen, geschweige denn, sein Zimmer aufzuräumen. Lieber die Nacht zum Tag machen, Abhängen mit den Freunden – und Erwachsene: Die sind alle irgendwie blöd. Die Schüler*innen der neunten Klassen und ihre Eltern, die dem Vortrag von Dr. Christoph Gerth in der Aula des Johannes-Gymnasiums gebannt lauschten, konnten dem nur zustimmen. „Haben Sie Geduld und Verständnis“, appellierte der Psychiater an die Eltern: „Das Gehirn Ihrer Kinder macht eine Art Frühjahrsputz, kaputte Zellen werden auf dem Weg vom kindlichen zum adulten Gehirn aussortiert, nichts ist mehr, wie es war.“ Was Drogen aller Art in diesen Jahren im Gehirn anrichten, erläuterte der Psychiater anhand von Bildern, Beispielen aus seiner Klinik und aktuellen Studien. Am Ende des Abends war allen klar, welche Gefahren dem Gehirn drohen, aber auch, wie man dem vorbeugen kann.
„Das Gehirn ist ein langsames Organ und es benötigt Zeit, um sich zu entwickeln“, erläuterte Gerth. Erst mit etwa 25 Jahren ist das Gehirn ausgereift und bis dahin ist es äußerst störanfällig. Mit beeindruckenden Bildern zeigt der Chefarzt der Rheinhessen Fachklinik in Alzey, wie und wie schnell Nikotin, Alkohol, Cannabis oder Amphetamine auf das Gehirn wirken. Je früher mit dem Konsum dieser Drogen begonnen werde, umso größer die Schäden: „Und die sind irreparabel.“ Das gilt nicht nur für das Gehirn: So ist beispielsweise Alkohol der größte Risikofaktor für Brustkrebs. Laut einer Studie der WHO sollten Menschen unter 40 Jahren überhaupt keinen Alkohol trinken.
Die Teillegalisierung von Cannabis ist für Gerth, der seit vielen Jahren zur Wirkung von Cannabis und Cannabidiolen (CBD) forscht, mehr als problematisch: „Mit 18 Jahren ist das Gehirn eben noch nicht ausgereift, die dort angerichteten Schäden sind enorm. Schon der erste Joint läßt sich noch nach einem Jahr im Gehirn nachweisen, regelmäßiger Konsum – und regelmäßig fängt bei fünf Ereignissen pro Jahr an – richtet irreparable Schäden an. „Ob Sie Alkohol trinken oder Cannabis konsumieren – es ist Ihre Entscheidung“, wandte sich Gerth an die jungen Zuhörer: „Aber jetzt wissen Sie, was Sache ist.“
Eine Vorhersage, ob jemand im Laufe seines Lebens durch den Konsum von Alkohol, Cannabis oder Amphetaminen an Depressionen, Angststörungen, Psychosen oder einer Demenz erkrankt, sei aber nicht möglich. Aber es ist möglich, psychischen Erkrankungen vorzubeugen: „Täglich eine halbe Stunde moderate Bewegung ist das beste Antidepressivum der Welt.“ Am besten in der Natur, denn da höre das Gedankenkarussel auf. Auf seinem „Rezeptblock“ finden sich weiterhin eine pflanzenbasierte Ernährung, genügend Schlaf (sieben bis zehn Stunden), starke soziale Bindungen und die Reduktion von Stress: „Da könnte ich eine Woche social-media-Abstinenz empfehlen“.
Bei den Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern kam der humorvolle, kurzweile und informative Vortrag sehr gut an und auch Schulleiter Rudolf Loch zeigte sich beeindruckt. Auch von der Tatsache, dass der Psychiater statt eines Honorars um eine Spende für eine gemeinnnützige Organisation gebeten hatte. Passend zum Vortrag bedankte sich der Schulleiter mit einem Traubensecco: „Und es war sicher nicht das letzte Mal, dass Sie bei uns zu Gast waren.“ (mrk)