An die Bücher - fertig, los
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Sie lesen – und wie. Nicht nur im stillen Kämmerlein, nein sie lesen auch laut vor. Malen mit ihren Stimmen – mal flüsternd, mal schimpfend, gelangweilt oder nüchtern – Bilder und Szenen. Da wird die hochbegabte dreijährige Matilda in ihrem ärmlichen Elternhaus lebendig, da ist Gänsehaut garantiert, wenn Mo auf Capricorn trifft (in Tintenherz von Cornelia Funke). Pausen, Betonungen – die Sechstklässler (in jedem Jahr wird der Wettbewerb für diese Klassenstufe ausgeschrieben), wissen genau, wie sie ihre Zuhörer in ihren Bann ziehen.
Im Johnny trafen sich nun 10 Schulsieger*innen des Rhein-Lahn-Kreises zum Kreisentscheid. Am Ende des Tages konnte sich die 11jährige Lynn Renne (Goethe-Gymnasium Bad Ems) über die Weiterleitung zum Bezirksentscheid freuen.
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„Eigentlich seid ihr alle Gewinner“, unterstrich Frau Christina Link, die für die Organisation im Johannes-Gymnasium verantwortlich zeichnete, bei der Preisvergabe. Die Schulgewinnerkinder, die an diesem Morgen zum Kreisentscheid antraten, hatten in einer ersten Runde mit einem jeweils dreiminütigen Textausschnitt aus ihren Lieblingsbüchern Zuhörer und Jury verzaubert. Sie schmunzelten bei Percy Jackson zur Frage, ob er seinen Gegner lieber modern oder klassisch mit einem Baseball-Schläger zu Brei schlagen solle. „Von der Eingangstür bis zum Klassenraum 60 Schritte“ – alles in Inas Leben wird vermessen, daran kann sie sich festhalten in ihrer Einsamkeit (Marianne Kaurin: Irgendwo ist immer Süden). Die Zuhörer leiden mit und sind erleichtert, dass der 10jährige Hannes eben noch vom Dach gerettet werden konnte, bevor die Dachrinne abbricht (Max von der Grün: Vorstadtkrokodile).
Den Vorlesewettbewerb gibt es seit 60 Jahren und die Regularien haben sich in dieser Zeit kaum verändert. Nach der ersten Vorleserunde und einer kurzen Pause müssen dann die Schüler*innen ihre Lesetalente mit einem Fremdtext unter Beweis stellen. Es gilt, Handlung und Personal schnell zu erfassen, ihnen eine dem Charakter passende „Stimme“ zu verleihen und Spannung aufzubauen.
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Extra für den Vorlesewettbewerb wird jedes Jahr ein Buch aufgelegt und so standen in der zweiten Runde „Die wundersamen Talente der Kalendario Geschwister“ (Louisa Söllner) auf dem Plan. Hatte die Jury in der ersten Runde noch zwei Kandidaten mit gleicher Punktzahl auf dem Bewertungsbogen, entschied Lynn Tenne die zweite Runde für sich. „Es war eng“, tröstete Christina Link bei der Übergabe der Urkunden und Preise. Ein großes Dankeschön richtete sie nicht nur an allen Vorleser*innen, sondern auch an die Chorklasse 6c, die mit ihrem Klassenlehrer Fabian Glück und „Applaus, Applaus“ für den passenden musikalischen Rahmen gesorgt hatten.
Auch wenn nur eine Vorleserin in die nächste Runde kommt, eigentlich gab es an diesem Vormittag nur Gewinner: Die Schulgewinnerkinder und alle Sechstklässler und ihre Lust am Lesen und am Buch, die für ein paar Stunden verzauberten Zuhörern und nicht zuletzt die Autoren, die mit ihren Büchern und Themen für immer neuen Lesestoff sorgen. (mrk)
Teilnehmer*innen beim Kreisentscheid waren:
Gegor Fuchs (Johannes-Gymnasium Lahnstein), Joy Karin Fehr (Realschule Plus Bad Ems Nassau), Lynn Renne (Goethe-Gymnasium Bad Ems), Amelie Heller (Wilhelm-Hofmann-Gymnasium St. Goarshausen), Hanna Orth (Loreleyschule Grund- und Realschule plus), Henri Heimann (Nikolaus-August-Otto Schule IGS Nastätten), Clara Pabst (Realschule Plus Katzenelnbogen), Deliah Winter (Leifheit Campus Nassau), Emma Scherer (Sophie-Hedwig-Gymnasium Diez), Amelie Sophie Wegener (Realschule Plus im Aartal).